Der "Austro-Pop"

Austropop ist eine seit Ende der 1960er Jahre geläufige Bezeichnung für Popmusik aus Österreich.
Zu Beginn wurde insbesondere Popmusik mit Texten in österreichischem Dialekt als Austropop bezeichnet. Mittlerweile wird darunter allgemein Popmusik aus Österreich verstanden, wobei die Sprache der Texte irrelevant ist.
Austropop beinhaltet populäre, und dem entsprechend kommerziell erfolgreiche, Musik verschiedener Genres aus dem Popmusikspektrum von Rock über Hip-Hop bis hin zur Alternative-Szene. Überschneidungen bestehen mit der Neuen Volksmusik oder dem Alpenrock, also einer Mischung aus Alpenländischer Volksmusik und Rockmusik. Gewöhnlich nicht zum Austropop gerechnet wird der Schlager inklusive des volkstümlichen Schlagers.
Zu den bekanntesten Vertretern des Austropop zählen Falco, Wolfgang Ambros, Georg Danzer und Rainhard Fendrich.

Die Geschichte des Austropop: ___________________________________________________

Ursprünge:

Die Ursprünge des Austropop können bis in das 19. Jahrhundert mit dem satirischen Theater verfolgt werden. Wegbereiter dafür waren Johann Nestroy und Ferdinand Raimund, die mitunter als Vorväter in der Tradition des oft politisch und gesellschaftlich kritischen und im Dialekt vorgetragenen Gesangs genannt werden. War Raimunds Werk noch an die Biedermeier-Zeit angelehnt, gingen Nestroys Stücke bereits auf die gesellschaftlichen Umwälzungen des Vormärz ein.
Weitere Einflüsse kommen aus dem Bereich Wienerlied. Ein berühmter, vor allem als Schauspieler, aber auch als Interpret bekannter Vertreter dieses Genres war Hans Moser, der zwischen Ende des 19. und Mitte des 20. Jahrhunderts als Volksschauspieler tätig war. Das Bekannteste von ihm gesungene Lied ist Die Reblaus.
Zu einer etwas späteren Zeit feierte das österreichisch-schweizerische Duo Pirron und Knapp seine Erfolge mit Kabarettmusik. Ihre Texte waren wie bei Moser im Dialekt geschrieben und wurden mit Humor vorgetragen.
In den 1950er- und 1960er-Jahren entwickelte sich – kurz vor der Dialektwelle – der Schlager zu einer immer beliebteren Musikrichtung. Musiker wie Udo Jürgens oder Peter Alexander feierten mit ihrer Mischung aus Popmusik, Schlager und Chanson in Österreich und auch in Deutschland große Erfolge. Als Schlagerinterpreten werden sie aber gewöhnlich nicht zum Austropop gezählt.

Die Dialektwelle der 1970er-Jahre:

Die Entstehung des Austropop ging einher mit einer Reihe von Künstlern, die in ihrem Dialekt, anfangs vor allem dem Wienerischen, sangen. Bereits in den 1960er-Jahren hatte die Worried Men Skiffle Group mit Glaubst i bin bled einen für damalige Zeiten beachtlichen Hit präsentiert.
Ende der 1960er-Jahre und Anfang der 1970er-Jahre schufen dann eine Reihe von Musikern, neben Liedern auf Hochdeutsch, auch zunehmend solche in ihrem Dialekt. Unter den ersten landesweit populären Aufnahmen waren The Worried Men Skiffle Group mit ihrem legendären Auftritt bei der Sendung Wünsch Dir Was am 8. Oktober 1970 und ihren umweltkritischen Text Der Mensch is a Sau, dem Zeitgeist der 1960er entsprechend mit Untertiteln "Schwein" für die Zuseherinnen und Zuseher im weiteren deutschsprachigen Sendegebiet, der BRD und der Schweiz. Es erschienen Marianne Mendts Wia a Glock’n (1970; Text: Gerhard Bronner) und Wolfgang Ambros’ Da Hofa (1971; Text: Joesi Prokopetz), aber auch dem Chanson nahestehende Songs von Liedermachern wie André Heller (A zigeina mecht i sei, 1970), Arik Brauer (etwa Sie hab’n a Haus baut und Sein Köpferl im Sand/„Hinter meiner, vorder meiner“) – das Album erreichte zweimal Gold – oder Georg Danzer und den Madcaps (I man I dram 1970), die als Begründung des Austropo gelten.Einen weiteren Achtungserfolg erzielte Georg Danzer, der schon früher einzelne Dialekt-Songs geschrieben hatte, mit der Single Der Tschik im Jahr 1972. Seinen Durchbruch hatte er etwas später mit Jö schau (1975). Experimentell blieb der frühe Austropop weiterhin mit Liedern wie Alle Menschen san ma zwider von Kurt Sowinetz (1972), einer Textfassung zu Beethovens Neunter, der heutigen Europahymne, oder dem Musical Der Watzmann ruft (Ambros, Tauchen, Prokopetz, 1974). Mit dem ersten Hit von Wilfried, Ziwui ziwui 1972, und Bilgeri & Köhlmeiers Oho Vorarlberg 1973 kam der Austropo über die Wiener Szene hinaus. Ausgehend vom Erfolg dieser Lieder wurde der Dialekt in der Popmusik des ganzen Landes etabliert.
Zur Popularität dieser jungen Musiker trug auch ab 1969 vom österreichischen Rundfunk (ORF) geschaffene Sendung Showchance bei. Als eine Plattform für neue Schlagerinterpreten geplant, entwickelte sich aus dieser Aktion unter anderem die Karriere des Sängers und Gitarristen Peter Cornelius. Ihm wurde, wie auch mitunter Ambros, eine musikalische Nähe zu Danzer nachgesagt, dessen Texte aber wesentlich ernster als jene Cornelius’ waren. Poetisch extrem präsentierte sich Ludwig Hirsch, dessen Lied Komm, großer schwarzer Vogel 1978 im Rundfunk nicht vor 22 Uhr gespielt werden durfte.
Ungeachtet des gegen deutschsprachige Unterhaltungsmusik gerichteten „Schnulzenerlasses“ von ORF-Generalintendant Gerd Bacher wurde der Austropop in der Anfangszeit des 1967 gegründeten ORF-Radiosender Ö3 von einzelnen Radiomachern wie Evamaria Kaiser oder André Heller nachdrücklich gefördert. Die Entwicklung dieser Strömung war zum Teil auch auf die Dominanz englischsprachiger Musik in der Popkultur zurückzuführen, was Texter und Interpreten dazu brachte, ihre Texte auf Deutsch oder in ihrer jeweiligen Mundart vorzutragen. Die Sprache bildete dann auch die größte Hürde für viele der Künstler, die internationale, über den deutschsprachigen Raum hinausgehende Erfolge vielfach behinderte.

Von deutschsprachig zu Englisch, von Mundart zu New Wave:

Der Austropop erlebte zwei Höhepunkte: Der erste war zwischen 1973 und 1976, wo Wolfgang Ambros und Georg Danzer ihre großen Erfolge hatten, die heute noch sehr gefragt sind.
Neben dem Dialekt wurde mit Ende der 1970er die englische Sprache in der Musik populärer. Der Austropop entwickelte sich somit zu einem vielfältigeren Genre. Erfolgreichste Band, die auf Englisch sang, war Kurt Hauensteins Supermax, die mit ihrem Hit Lovemachine einen internationalen Nummer-eins-Hits landete. Supermax war unter anderem die erste Band, die in Südafrika unter Aussetzung der Apartheid mit einer aus Weißen und Schwarzen bestehenden Band vor ebenso gemischtem Publikum auftrat. Weiter zu erwähnen für diesen Zeitabschnitt wären Waterloo & Robinson oder Goldie Ens.
Die Neue Deutsche Welle der 1980er-Jahre war auch für viele österreichische Bands der Wegbereiter zum Erfolg. Insbesondere Minisex war mit deutschsprachigen Texten mehrmals in den Charts zu finden. In diesen Zeitabschnitt fallen auch die großen Erfolge der Ersten Allgemeinen Verunsicherung, die auch in anderen Ländern Europas mit humorvoll angehauchten, oft politischen Texten bekannt wurden.
Die Dialektwelle ebbte zunehmend ab. 1981 war nach langer Zeit mit Strada del Sole von Rainhard Fendrich ein Lied im Dialekt an der Spitze der Hitliste zu finden. Wolfgang Ambros und Georg Danzer waren damals eher mit ihren Alben, als mit Singles erfolgreich und hatten ab diesem Zeitpunkt keinen großen Hit mehr.
In Wien formierte sich mit der Band Kurt Ostbahn & die Chefpartie um den früheren Sänger der Politrock-Band Schmetterlinge, Willi Resetarits, eine weitere Band, die vorerst berühmte Blues-, Rock-, Folk- und Rhythm and Blues-Stücke ins Wienerische übersetzte, dann aber auch eigens Lieder textete. Seit ihrer Gründung konnte sie 3 mal den Nummer-eins-Hit in den Album-Charts stellen. 2003 wurde die Gruppe wegen des Todes des Texters und Ideengebers Günter Brödl aufgelöst. Ein vorerst letztes Album, auf dem auch neue Hits zu finden waren, erschien 2005.
Zeitweise zieht es aber Willy Resetarits alias Kurt Ostbahn immer wiedermal aus der selbstgewählten und verdienten Pension aufzugeigen. So wie zuletzt im August 2014 auf der KaiserWiese im Wiener Prater. Dort
zelebrierte man 30 Jahre "Kurt Ostbahn". Diese legendären Tondokument des vielleicht "letzten" Konzertes vom Kurt ist mittlerweile auch als CD und DVD erschienen.

Welterfolge in den 1980er Jahren:

Mit der aufkommenden New Wave-Szene kamen weitere neue Künstler zu Popularität. Zu Beginn der 1980er-Jahre feierte Falco, der mit vielen seiner Lieder den deutschsprachigen Raum eroberte, auch als erster deutschsprachiger Rapper bezeichnet (Der Kommissar), internationale Erfolge. Bis heute ist er, neben Hauenstein/Supermax, der international bedeutendste österreichische Popmusiker. Kurz zuvor war Reinhold Bilgeri mit Video Life an die Spitze der brasilianischen Charts geklettert. Im Jahr 1984 hatte die Band Opus einen weiteren internationalen Hit mit Live Is Life. Ein Jahr später war es abermals Falco, der mit Rock Me Amadeus in zahlreichen Ländern die Hitparaden anführte. Er war nach Anton Karas der zweite Österreicher, der in den USA einen Nummer-eins-Hit hatte. Im deutschsprachigen Gebiet konnte die Erste Allgemeine Verunsicherung mit Banküberfall, Märchenprinz (1985) oder Fata Morgana (1987) Erfolge landen. Im Sommer 1984 waren die drei Steirer Schiffkowitz (mit bürgerlichem Namen Helmut Röhrling), Günter Timischl und Gert Steinbäcker, die sich in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre zur Pop/Rock-Band STS zusammenfanden, mit dem Lied „Fürstenfeld“ die Nummer 1 der Hitparade.

Der "Moderne Austropop":

Ab 1990 wurde es um den Austropop zunächst ruhiger. Die EAV und Rainhard Fendrich erreichten noch einige Chartspositionen. Hubert von Goisern feierte 1992 mit seinen Original Alpinkatzen sein Debüt. Viele der bekannten Lieder dieses Musikers sind traditionelles Liedgut, neu interpretiert. Mit dem Alpenrock entstand ein neues Genre, ein erster Hit war das Hiatamadl von Goiserns. Diese Musik ist weniger „österreichisch“ im eigentlichen Sinne, als grenzübergreifend alpenländisch. Mit der Zeit wurde das Genres der modernen Popularmusik in viele andere Bereiche übertragen. Zu den mehr an der Volksmusik orientierten Gruppen zählen etwa die Ausseer Hardbradler, die Seer – später kommerziell sehr erfolgreich – oder Attwenger mit experimentelleren Ansätzen der Adaption von Strömungen wie Rap und Drums’n’Bass. Als Überbegriff für diese Stilrichtung etablierte sich Neue Volksmusik, die als europäischer Ableger der Weltmusik gesehen werden kann.
Ab Mitte der 1990er-Jahre wurden österreichische Musiker aus dem Bereich der Popmusik kaum mehr von den heimischen Radiostationen, vor allem dem seit Jahrzehnten dominierenden Sender Ö3, gespielt. Als Begründung wurde genannt, es gäbe einen Mangel an erfolgversprechenden Künstlern. Mit Blond von Rainhard Fendrich im Jahr 1997 gab es den bislang letzten Nummer-eins-Hit im Wiener Dialekt, der unter den Begriff Popmusik fällt. Ende der 1990er-Jahre gründeten Danzer, Fendrich und Ambros für ein Benefizprojekt das Projekt Austria 3 und tourten durch den deutschsprachigen Raum, gaben aber auch in anderen Ländern Konzerte.
Im Bereich des Hip-Hop und der elektronischen Musik konnten zwar einige österreichische Musiker und Formationen international Fuß fassen, diese werden in der Regel aber nicht zum Austropop gezählt. Anfang der 2000er-Jahre konnten Interpreten wie Marque oder Tamee Harrison, teils auch international, zeitweise einen gewissen Bekanntheitsgrad erreichen. Zabine, ehemalige Sängerin der Alpinkatzen, schuf eine Mischung aus Volksmusik und elektronischer Musik.
Erfolgreichste Musikerin der letzten Jahre ist Christina Stürmer, die Zweitplatzierte der ersten Staffel der ORF-Castingshow Starmania (2002/2003), die sowohl in Österreich wie auch in Deutschland und der Schweiz, vordere Hitparadenplätze erreichte. Daneben erlangten auch Formationen wie SheSays, Zweitfrau und Luttenberger*Klug national größere Bekanntheit.
Nachwuchsbands bieten unter anderem Radiostationen, etwa FM4 mit dem FM4 Soundpark und Ö3 mit dem Ö3 Soundcheck, Gelegenheit sich einer breiteren Öffentlichkeit zu präsentieren. Um an den Erfolg Christina Stürmers anzuknüpfen startete Ö3, Teil des ORF, der die Starmania-Castingshows produzierte, 2007 die Aktion Die neuen Österreicher um junge Bands und Musiker zu promoten; zu einem Teil jene, die zuvor schon bei Starmania angetreten waren. Der jeweilige Dialekt wurde von diesen Bands jedoch nur selten verwendet, meist wurde auf Hochdeutsch oder Englisch gesungen.

Rückkehr des Dialekts im Mainstream:

Im Jahr 2010 gab es mehrere österreichische Hits in den Charts, die im Dialekt gesungen wurden und hohe Platzierungen erreichten. Dazu gehörten unter anderem Vo Mello bis ge Schoppornou vom Holstuonarmusigbigbandclub und Oida taunz! von Trackshittaz. Wenige Monate später erreichte Hubert von Goisern mit seinem Lied Brenna tuats guat die Nummer eins der österreichischen Charts.